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Im September 2022 habe ich das sogenannte Eignungsfeststellungsverfahren erfolgreich durchlaufen. Mit Hilfe dieser Qualifikation, die für 3 Jahre gültig ist, kann ich mich nun auf eine Schulleitungsstelle im Land NRW bewerben. In diesem Blogpost möchte ich kurz umreißen, wie ich mich auf das Verfahren vorbereitet habe, welche Erfahrungen ich im Verfahren selbst gemacht habe und wie ich den gesamten Ablauf rückblickend wahrgenommen habe.

Der lange Weg zur Bewerbung

Seit Sommer 2015 bin ich an “meiner” Schule stellvertretender Schulleiter. Zuerst nur kommissarisch, seit 2016 auch offiziell ernannt. Im Sommer 2020 ging meine ehemalige Schulleiterin in den Ruhestand. Da bis heute keine Nachfolge gefunden werden konnte, leite ich die Schule also seit inzwischen über 2 Jahre alleine. In dieser Zeit konnte ich viele Erfahrungen in nahezu allen Bereichen des schulischen Leitungshandelns sammeln.

Im Sommer 2021 reifte dann der Entschluss in mir, dass ich auch dauerhaft eine Schule leiten möchte. Zu dieser Zeit war ich parallel auch schon seit 2 Jahren Medienberater - eine Tätigkeit, die mir auch sehr viel Freude bereitetet hatte, die aber langfristig nicht parallel zu einem vollen Leitungsamt leistbar ist. Im Schuljahr 2021-22 habe ich daher die SLQ (Schulleitungsqualifizierung) der Bezirksregierung Köln absolviert. Die Teilnahme an der SLQ ist Voraussetzung, um später zum EFV (Eignungsfestellungsverfahren) zugelassen zu werden - es sei denn, man hat bereits eine Schule für mindestens 6 Monate in alleiniger Verantwortung geleitet. Auch wenn ich diese Bedingung eigentlich erfüllt hatte, wollte ich die Lerngelegenheiten der SLQ nicht auslassen. Eine Übersicht der Inhalte und Module der SLQ findet man unter https://www.qua-lis.nrw.de/schulmanagement/schulleitungsqualifizierung/index.html.

Die Inhalte der SLQ bereiten ausdrücklich nicht auf das EFV vor, wohl aber insgesamt auf das Alltagsgeschäft einer Schulleitung. In einigen Bereichen (besonders der Gesprächsführung und dem ChangeManagment) ist die SLQ sehr nah am EFV und bietet sinnvolle und zielführende Lerngelegenheiten, während andere Bereiche des EFV (Postkorb, Gruppendiskussion) nicht Teil der SLQ sind. Zusätzlich bietet die SLQ aber eine hervorragende Möglichkeit Netzwerke aufzubauen und “über den Tellerrand” des eigenen Schulsystems zu blicken.

Nachdem man an 80% der Veranstaltungen der SLQ teilgenommen hat, kann man sich für das EFV anmelden. Die Termine der kommenden EFV werden auf der Seite der Qualis veröffentlicht: https://www.qua-lis.nrw.de/schulmanagement/eignungsfeststellungsverfahren/termine/index.html

Man kann sich bei der Bewerbung keinen Termin aussuchen. In der Regel ist es so, dass man 4-6 Wochen vor dem eigentlichen Termin schriftlich über die Zulassung zum EFV informiert wird. Da dies in der Regel sehr knapp kalkuliert ist, sollte man sich durchaus schon vorab Gedanken darüber gemacht haben, wie man sich auf das EFV vorbereiten möchte. Doch dazu später mehr.

EFV - was ist denn das?

Das Eignungsfestellungsverfahren wird in den Räumen der Qualis ist Soest durchgeführt. Dort erhält man auch umfassende Informationen zu Zielen und Inhalten des EFV: https://www.qua-lis.nrw.de/schulmanagement/eignungsfeststellungsverfahren/index.html

Eingeführt wurde des EFV durch einen Erlass aus dem Jahr 2016. Es veränderte die bis dahin gültige Praxis der Bewerbung um das Leitungsamt, die in der Regel aus dem herkömmlichen Revisionsverfahren bestand. Durch den Erlass 21-01 Nr. 30 wird das Verfahren sehr gut beschrieben: https://bass.schul-welt.de/16184.htm

Im Laufe des Verfahrens müssen vier von sechs möglichen Aufgaben absolviert werden:

  • Postkorb-Übung (inkl. eines anschließenden Interviews)
  • Beratungsgespräch oder Konfliktgespräch oder Beurteilungsgespräch
  • Gruppendiskussion
  • Projektplanung oder pädagogische Beurteilung von Unterricht

Beobachtet und bewertet wird man dabei von 7 Beobachter:innen (Schulaufsichtsbeamt:innen, Schulleiter:innen, Vertreter:innen der Schulträgerseite). In jeder Übung wird man von zwei unterschiedlichen Beobachter:innen in Augenschein genommen, die die Leistung in wechselseitigem Austausch bewerten.

Die Übungen sind insgesamt vier Kompetenzbereichen zugeordnet:

  • Kommunikation
  • Innovation
  • Management
  • Rollenklarheit

Die Teilkompetenzen mit genauen Erläuterungen des Erwartungshorizonts sind sehr transparent auf den Seiten der Qualis dargestellt. Zudem gibt es zu allen Prüfungsbereichen Übungsaufgaben: https://www.qua-lis.nrw.de/schulmanagement/eignungsfeststellungsverfahren/uebungen/index.html

Insofern kann man durchaus sagen, dass das EFV ein sehr transparentes Prüfungsverfahren ist, in dem bestmöglich versucht wird, eine objektive Beurteilung der Kandidat:innen zu gewährleisten.

Im Laufe des EFV bearbeitetet man zu jedem der vier Kompetenzbereiche zwei Übungen. Jede Übung ist dabei zwei Bereichen zugeordnet. Jede:r Beurteiler:in kann pro Bereich 1-4 Punkte vergeben. An einem Beispiel wird dies vermutlich am besten verständlich:

Die Übung Postkorb ist den Bereichen Rollenklarheit und Management zugeordnet. Prüfer A kann für Rollenklarheit 1-4 Punkte und für Management 1-4 Punkte vergeben. Prüfer B kann dies ebenfalls. Insgesamt kann man also beim Postkorb maximal 8 Punkte im Bereich Management und maximal 8 Punkte im Bereich Rollenklarheit erhalten (zusammen also 16 Punkte). Die höchstmögliche Gesamtpunktzahl aus dem EFV beträgt daher 64 Punkte. Zum Bestehen sind mindestens 41 Punkte notwendig.

Wie man sich vorbereiten kann

Wie bereits erwähnt bereitet die SLQ nur sehr begrenzt auf das EFV vor. Die eigene Vorbereitung auf das EFV kann aus mehreren Elementen bestehen:

  • selbständige Auseinandersetzung mit den Prüfungskriterien und Beispielaufgaben
  • Austausch mit Schulleitungen, die das EFV bereits erfolgreich absolviert haben
  • Bildung von Übungsgruppen mit weiteren Kandidat:innen
  • Vorbereitung durch ein gezieltes Einzelcoaching
  • Nutzung von Vorbereitungsseminaren

Ein weiterer wichtiger Baustein ist meiner Meinung nach auch die eigene, bisherige (Leitungs-)karriere an der Schule. Aus meiner Sicht hat es mir deutlich geholfen, dass ich zwei Jahre Leitungserfahrung in der Schule hatte. Die dabei gemachten Erfahrungen, die Eingespieltheit bestimmter Abläufe und das Wissen darum, wie das System Schule funktioniert ist aus meiner Sicht ein großer Gewinn beim EFV.

Da mir mein EFV-Termin sehr überraschend bereits in den Sommerferien mitgeteilt wurde (etwa 6 Wochen vor Durchführung des EFV), war ich bei der Wahl der Vorbereitung etwas eingeschränkt: die mir bekannten Vorbereitungsseminare waren bereits vollständig ausgebucht. Es blieb mir in diesem Fall nur ein Einzelcoaching mit 4 Sitzungen á 2 Stunden. Im Rahmen des Coachings habe ich gemeinsam mit meinem Coach die 4 Übungsformate kennengelernt, erprobt und meine Ergebnisse reflektiert. Dabei wurde immer wieder ein enger Rückbezug zu den Bewertungskriterien hergestellt. Dies war für mich einige der wichtigsten Erkenntnisse in der Vorbereitung: es kommt (nicht unbedingt) darauf an, eine inhaltliche perfekte Projektplanung darzustellen, sondern ich muss im Rahmen der Präsentation zu allen Teilkompetenzen etwas “anbieten” können.

Neben der Teilnahme an den Coachingssitzungen habe ich einige “Hausaufgaben” gemacht. Ich habe etwa 6-7 Postkörbe bearbeitet, 2-3 Projektplanungen zu verschiedenen Themen durchgespielt und auch wirklich präsentiert, ich habe 2-3 Gespräche mit Kolleg:innen durchgespielt und mir anhand der Unterlagen der SLQ noch einmal die wichtigsten Elemente guter Gesprächsführung angeeignet. Mit Hilfe der BASS habe ich mir zusätzlich noch Kernelemente des Schulrechts vor Augen geführt. Nach 2 Jahren Leitungserfahrung ist dies aber der kleinste Baustein gewesen, da mir dies eigentlich fast alles sehr gut bekannt war (Freistellungsverordnung, Abläufe Mutterschutz, Ordnungsmaßnahmen, ADO, Sponsoring, Presserecht, …). Ergänzend habe mich mit einigen Schulleitungen gesprochen, die das EFV in den Jahren zuvor gemeistert haben. Hier ging es aber eher darum, sich mental auf den Ablauf vorzubereiten und weniger um inhaltliche Fragen.

In den beiden Wochen vor dem EFV bestand meine allabendliche Routine darin, die Kriterien des EFV auswendig zu lernen, damit ich im Notfall auch ganz klar vor Augen haben konnte, was von mir in den Prüfungsphasen erwartet wurde. (Spoiler: die Wochen vor dem EVF waren beruflich und privat so anstrengend, dass es mir nicht gelungen alle Kriterien auswendig wiedergeben zu können - es hat aber trotzdem gereicht)

An einer selbstorganisierten Übungsgruppe mit anderen Kandidat:innen habe ich nicht teilgenommen. Ich habe einerseits auf die schnelle keine anderen Menschen gefunden, die auch kurz vor dem EFV standen - und hätte auch nur wenig Zeit gehabt, auch noch zu solchen Treffen zu fahren. Ich habe auch kaum Literatur zur Vorbereitung gewesen. Es kommt überhaupt nicht darauf an, im EFV irgendwelche Modell herunterbeten zu können. Bewertet wird das konkrete, sichtbare Handeln.

Ob sich ein Einzelcoaching zur Vorbereitung besser eignet als ein Seminar kann ich nicht beurteilen. Beides hat bestimmt seine Vor- und Nachteile. In den Seminaren lernt man automatisch “Leidensgenoss:innen” kennen und kann Lerngruppen bilden. Dagegen ist das Einzelcoaching deutlich individueller und auf die eigenen Bedürfnisse zugeschnitten. Auch finanziell gibt es (deutliche) Unterschiede. Während man bei den Gruppenseminar in der Regel 200-300€ für etwa 10 Stunden bezahlt, waren es bei meinem Coaching 600€ für 8 Stunden Coaching.

Mein subjektiver Eindruck war, dass im Rahmen der Seminare vor allen Dingen Handlungsabläufe auswendig gelernt werden und es weniger darum geht, die dahinterliegenden Prozesse oder Kompetenzen zu verstehen und verinnerlichen. Auch habe ich Gesprächen entnommen, dass man im Rahmen der Seminare mitunter gar nicht die Gelegenheit bekommt, die Übungen selbst durchzuführen und dabei auch Feedback zum eigenen Handeln zu erhalten.

Was man sich immer vor Augen halten muss: keine der Anbieter von Vorbereitungsseminaren hat “Insiderwissen” und hat zuvor als Prüfer:in im EFV mitgewirkt. Es werden also lediglich Interpretationen vermarktet, mit welchem Handeln die Kompetenzen am besten erreicht werden können.

in medias res: Meine Erfahrungen aus dem EFV

Mein EFV fand am 8. und 9. September 2022 statt. Anreisen konnte ich schon am Vorabend. Ich bin gegen 18 Uhr in Soest angekommen und konnte beim Abendessen erste Kontakte zu den übrigen Kandidat:innen knüpfen. Der Kontakt war von Beginn an und die gesamte Veranstaltung durch sehr offen, herzlich und unterstützend. Wir saßen alle im selben Boot und haben uns unterstützt wo es nur ging. Gegenseitiger Konkurrenzdruck war zu keiner Zeit zu spüren - und den gibt es auch nicht. Im Durchschnitt schaffen zwar 15-20% das EFV nicht - aber wenn alle bis zu 36 Kandidat:innen eines Durchgangs die notwendige Punktzahl erreichen, dann bestehen auch alle Kandidat:innen. Es werden also nicht die schlechtesten 7 Teilnehmenden ausgesiebt.

(Ein Hinweis zum Essen und zur Unterkunft: Das Essen hat durchaus Luft nach oben. Aus der SLQ war man durchaus einen anderen Standard gewöhnt. Man wird aber in Soest satt und bekommt auch eine gewisse Auswahl. Und zur Not kann man in der sehr schönen Innenstadt auch in einem der vielen Lokale essen gehen. Die Zimmer sind recht klein und einfach gehalten, aber durchaus zweckmäßig. Mir haben eher Gemeinschaftsflächen gefehlt, in denen man sich auch gemütlich zusammensetzen kann.)

Der erste Prüfungstag beginnt schon um 7.45 Uhr. Man erhält seinen persönlichen Ablaufplan und weiß dann sehr genau, wann welche Übung dran ist. Die Räume und Zeiten sind dabei wirklich ganz explizit und “idiotensicher” benannt. Es ist natürlich sehr wichtig, dass man zu den Prüfungen pünktlich im richtigen Raum ist - aber durch die sehr gute Beschilderung in Soest sollte das kein Problem sein.

Die Gruppendiskussion

Das erste Übungsformat ist die Gruppendiskussion. Ich beschreibe die Aufgabenstellung nicht im Detail, sondern verweise an dieser Stelle letztmalig auf die Beispielaufgaben auf den Seiten der Qualis: https://www.qua-lis.nrw.de/schulmanagement/eignungsfeststellungsverfahren/uebungen/index.html Wichtig zu wissen ist, dass man in diesem Format mit 5-6 anderen Kandidat:innen zusammen sitzt und gewissermaßen eine Schulleiterkonferenz in der Kommune simuliert.

Mich hat der Verlauf der Übung etwas verunsichert. Im Rahmen des Coachings konnte ich natürlich keine umfassende Gruppendiskussion durchspielen, da man zu zweit nur schwer in der Gruppe diskutieren kann. Dadurch, dass sehr viele Teilnehmer:innen das Seminar des gleichen Anbieters besucht hatten, wurde hierbei teilweise schon ein kleines Schauspiel eingeübt. Die Kandidat:innen kannten sich aus der gemeinsamen Vorbereitung, hatten sich wohl schon auf mögliche Themen vorbereitet und mitunter Diskussionsverläufe eintrainiert. Ich kam mir dabei ein bisschen “außen vor” vor. Zudem war mir der Zielhorizont der Übungen nicht ganz klar: sollte hier nun ein gemeinsam getragenes, richtungsweisendes Projekt auf kommunaler Ebene entwickelt werden oder stellt jede Schule nur selbst vor, was sie zudem Entwicklungsprojekt selbst beitragen kann? Am Ende des Gesprächs war ich zwar durchaus der Meinung, zu den Kriterien zumindest teilweise etwas angeboten zu haben, aber das Gespräch in seiner Gesamtheit machte mich sehr “unzufrieden”. Es wirkte sehr künstlich - eine normale Schulleiterbesprechung würde so niemals ablaufen.

Zwei Dinge sollte man beim EFV auf jeden Fall können:

  • mit der Unsicherheit umgehen können, dass man zu der Übung keinerlei Feedback durch die Prüfenden erhält. Kein Lächeln, kein Nicken, kein kritischer Blick. Man weiß bis zum Schluss nicht, wo man aktuell steht, wie viele Punkte man schon hat. bei der Gruppendiskussion ist es mir extrem schwer gefallen einzuschätzen, wie viele Punkte ich damit schon sammeln konnte.
  • mit den Gesprächen zwischen den anderen Kandidat:innen umgehen. Man hat in Soest viele Pausen - und in diesen Pausen wird natürlich untereinander viel geredet. Dabei glauben einige natürlich ganz genau zu wissen, was die Beurteilenden sehen wollen, was man bei einer Übungen auf jeden Fall machen muss und keinesfalls machen sollte usw. usf. . So ein bisschen ist es wie früher in der Schule. Besonders wenn man sich anders vorbereitet hat als der Rest der Kandidaten kann dies schon verunsichernd sein. Mir hat es hier geholfen, mich immer wieder auf die Kriterien und die Erläuterungen zu fokussieren. Und zwischendurch im Zimmer zu verschwinden und laut Musik hören trug auch zur Entspannung bzw. Fokussierung bei.

Rückblickend kann ich nicht sagen, wie ich mich anders auf diese Übung hätte vorbereiten können. Schulleiterbesprechung hatte ich genügend - also an Erfahrung in diesem Bereich mangelte es nicht. Diskussionsverläufe einzuüben und quasi auswendig zu lernen behagt mir gar nicht - ich möchte möglichst natürliche Diskussionen führen. Ideen zu den möglichen Themen der Diskussionen findet man eigentlich immer schnell - auch daran lag es nicht. Ich denke, dass ich das Format als solches einfach nicht mag.

Der Postkorb

Nach etwa 2 Stunden Pause stand dann die Postkorbübung an. Schon in der Vorbereitung war dies meine “Lieblingsübung”. Auch diesmal hat es (im weitesten Sinne) Spaß gemacht. Der Postkorb bestand aus 23 Items und erschien mir insgesamt eher umfangreicher als die Übungsbeispiele, weil man doch ein bisschen mehr aufschreiben musste. Die 75 Minuten Bearbeitungszeit haben so gerade gereicht, um zu jedem Item meine Handlungsschritte kurz zu skizzieren und eine Begründung in Stichworten aufzuschreiben. Was ich nicht gemacht habe: Dinge farbig markiert, zusammenhängende Vorgänge markiert und deutlich rausgestellt oder im Terminkalender Zeiten für des Schreiben von E-Mails geblockt. Dies waren alles “Tipps”, von denen andere Teilnehmende meinten, dass man das auf jeden Fall machen müsste. Ich habe es nicht gemacht und (vermutlich) die volle Punktzahl erhalten. Ich habe die Vorgänge auch nicht vorab sortiert, sondern stumpf nach der Nummer abgearbeitet. Ich denke, dass der Focus vor allen Dingen darauf liegen sollte, gute und nachvollziehbare Entscheidungen zu treffen, die dafür sorgen, dass der Betrieb an der “Beispielschule” nicht zusammenbricht.

Leitend für meine Entscheidungen war immer die Frage: was würde ich als Schulleiter meiner Schulform tun. Was würde ich in der Situation tun, wo würde ich mich mit meinem Rollenverständnis und meiner pädagogischen Leitlinie hinter stehen können. Ich habe mich nie gefragt, was die Beurteilenden wohl “lesen wollen”. Auf diese Weise konnte ich alle Entscheidungen auch “aus dem Bauch heraus” treffen und kam mit der Zeit gut hin.

Das Interview zum Postkorb war erst am zweiten Tag dran. Im Rahmen des Interviews wurde man noch einmal gefragt, welche Vorgänge denn zusammengehörten, an welchen Stellen man durch seine Entscheidungen “geführt” hat, welche pädagogischen Grundsätze man selbst hat und im Postkorb verfolgt hat usw. . Ich empfand das Interview wirklich als angenehmes Gespräch, bei dem man die Gelegenheit bekam, sein eigenes Leitbild von Führung deutlich zu machen. Bestimmte Entscheidungen konnte man vielleicht auch noch einmal deutlicher machen - in der Kürze der Zeit fällt es manchmal schwer darzustellen, warum eine Entscheidung X getroffen wurde.

Das Gespräch

Nach einer weiteren, langen Pause kam dann das Gespräch. Bei mir war es ein Beratungsgespräch. Dadurch, dass ich recht spät dran war, bekam ich durch den Flurfunk schon mit, worum es gehen würde. Das ist mit Sicherheit ein großer Vorteil, da man dann schon weiß, ob es um eine Beratung oder einen Konflikt geht und man sich schon einen Gesprächsleitfaden zurecht legen kann. Rückblickend würde ich aber sagen, dass ich dadurch auch schon “zu viel” wusste. Ich kannte schon Antworten des Gesprächspartners, wusste also schon mehr, als eigentlich auf dem Papier stand. Daher hatte ich auch eine Strategie, wie ich die Beratung angehe und im Gespräch das “erreiche”, was ich in meiner Rolle als Leitung gerne wollte. (die Beratung beinhaltete durchaus auch einen Konflikt im Kollegium und ich konnte/musste präventiv auf den Kollegen einwirken, damit er ein bisschen den Ball flach hält und sich dennoch weiter einbringen will)

Dieses Mehr-Wissen führte auch dazu, dass die Gesprächsführung nicht mehr “natürlich” war, da ich ja schon glaubte vieles/alles zu wissen. Es ist durchaus so, dass das Thema des Gesprächs bei allen Teilnehmenden identisch ist, die Ausgestaltung durch den Schauspieler aber teils deutlich variieren kann. Insofern muss man schon damit rechnen, dass das Gespräch anders verlaufen kann als von den anderen berichtet.

Projektplanung

In meinen Ablauf war die Projektplanung der letzte Baustein. Auch hier ist es so, dass einige Teilnehmende deutlich früher mit der Planung begonnen haben und das Rahmenthema dadurch schon bekannt war. Man hat dann als “später Kandidat” die Gelegenheit, sich vorab schon Gedanken um sein Projekt zu machen. Das kann eine Hilfe sein, wobei ich bei meinem Thema sehr schnell eine Idee hatte und die Umsetzung darum dann in der Vorbereitungszeit von 90 Minuten stricken konnte.

Die größte Hilfe bei der Durchführung dieser Übung war der “Leitfaden”, den mir mein Coach vorab mitgegeben hatte. In diesem Leitfaden konnte ich meine Schule mit ihren Voraussetzungen und das geplante Projekt so darstellen, dass gewissermaßen automatisch alle Kriterien aus den Bereichen Management und Innovation abgedeckt waren. Diesen Tipp würde ich auch genau so weitergeben. Es hilft enorm, wenn man so einen Fahrplan im Kopf hat, damit man nichts vergisst. Wenn man es dann noch schafft, die Inhalte der Flipcharts in 15 Minuten vorzutragen, dann hat man quasi schon fast “gewonnen.”

Auch hier war es so, dass mir meine Erfahrungen im System Schule eine sehr gute Hilfe waren. Die Abläufe für (gute) Change-Prozesse sollte man im Hinterkopf haben:

  • Wie funktioniert das System Schule?
  • Welche Konzepte und Vereinbarungen hat eine Schule und wie hängen diese zusammen?
  • An welchen Stellen muss ich mit Veränderungen ansetzen, um erfolgreich zu sein?
  • Welche Stolperstellen kann es geben und wie gehe ich damit um?
  • Welche Gremien und Personen muss oder kann ich beteiligen?
  • Wie evaluiere ich - welche Instrumente habe ich dafür ggf. schon längst im System?
  • Besonders wichtig: Würde ich das Vorhaben genauso an MEINER Schule umsetzen können? Und wenn nein: Warum nicht? Denn dann sollte man vielleicht anders planen.

Es hilft definitiv, wenn man gut frei vor anderen Menschen sprechen kann - aber das sollte man als Schulleitung ohnehin können. Ganz klar unwesentlich sind schön gestaltete Flipcharts. Man muss keine aufwändigen Sketchnotes anlegen, mit mehreren Farben agieren oder ein wie auch immer geartetes Feuerwerk “abbrennen”. Man kann sogar ohne Probleme ganz ohne Flipcharts vortragen. Bewertet wird einzig und allein der mündliche Vortrag des Projektvorhabens.

Die Ergebnismitteilung

Am zweiten Tag des EFV werden dann ab ca. 17 Uhr die Ergebnisse mitgeteilt. Dies ist mit Sicherheit der spannendste Moment, In einem Einzelgespräch teilte ein:e Beurteiler:in das Ergebnis mit - wobei man erstmal nur eine Kompetenzsspinne erhält, anhand derer man sehen kann, wie ausgeprägt die Kompetenz in den vier Bereichen ist. Zudem erfährt man, ob man die Anforderung erfüllt, übertroffen oder in besonderem Maße erfüllt hat. Man erfährt jedoch keine Gesamtpunktzahl und auch keine Rückmeldung zu den einzelnen Übungen und Teilbereichen. Diese Informationen werden wohl im Anschluss auf dem Dienstweg zugesandt (bei mir steht dies bisher noch aus). Das Rückmeldegespräch dauert daher nur wenige Minuten, war aber bei mir sehr wertschätzend und freundlich.

Danach ist das EFV schlagartig vorbei. Man steht auf dem Parkplatz - hat im besten Fall bestanden - und weiß plötzlich, dass man die höchste und vermutlich auch letzte Prüfung im nordrhein-westfälischen Schulwesen hinter sich gebracht hat.

Fazit

Ich finde es gut, dass es das EFV in dieser Form gibt. Es gibt dadurch ganz transparente und verbindliche Kriterien, anhand die Interessenten auf das Amt der Schulleitung überprüft werden. Die Aufgaben decken natürlich nur einen kleinen Teil der Dinge ab, mit denen sich Schulleitungen Tag für Tag “rumschlagen” müssen, sind aber durchaus realistisch: Die Elemente aus dem Postkorb können für sich genommen immer wieder “aufploppen”. Und dann sollte man wissen, in welchem Horizont eine Entscheidung möglich ist. Gespräche mit Kollegen wird man immer wieder führen müssen - auch Diskussionen auf Leitungsebene. Auch Projekte zur Schul- und Unterrichtsentwicklung müssen (immer wieder) angestossen und auf den Weg gebracht werden.

Vielleicht wird nicht jede:r Kandidat:in, die durch das EFV gekommen ist auch später eine gute Schulleitung sein. Aber das EFV hilft bestimmt ein Stückweit dabei, einen Einblick in den “Wahnsinn Schulleitung” zu bekommen.

Das EFV ist mit Sicherheit eine große Herausforderung - nervlich, zeitlich, emotional. Aber man kann es gut schaffen, mit einer gut gewählten Vorbereitung, aber vor allem mit einem klaren Rollenverständnis und einer klaren Haltung. Ich bin froh, dass ich den Weg gegangen bin und ich freue mich nun darauf, im Bewerbungsverfahren einen ganzen Schritt weiter zu sein.