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In der vergangenen Woche stieß ich – eher durch Zufall – auf zwei aktuelle empirische Untersuchungen zu Lautlese-Trainingsmethoden. Die Kombination der Ergebnisse beider Studien hat mich zu Überlegungen angeregt, wie man Lautlesen im Unterricht einsetzen könnte.

Lautlese-Trainings, im englischsprachigen Raum auch listen-while-reading (LWR) genannt, und deren positive Wirkung auf die Lesekompetenz der Kinder sind schon seit einiger Zeit bekannt. Hierbei ist es vor allem die Leseflüssigkeit, die sich mit Hilfe solcher Trainings steigern lässt. Dabei liest ein Pate oder eine Patin einen Text laut vor, während der/die Trainierende halblaut mitliest. Methodisch werden vor allem drei Möglichkeit benannt, wie solch ein Training durchgeführt werden kann:

Hörbuch schlägt Partnerkind

Jürgen Walter zeigt in einer aktuellen Studie, welche deutlich positiven Effekte die Durchführung des Trainings mit Hilfe von Hörbüchern hat. Hierbei kann er die Ergebnisse aus Vorgängerstudien bestätigen. In einer weiteren Studie von M. Spilles, die ich in diesem Blogbeitrag erwähnt fand, wird deutlich, dass ein LWR-Training mit gleichaltrigen Tutoren zwar die Leseflüssigkeit der Tutanden deutlich steigert, die Leseleistung der Tutoren jedoch bestenfalls stagniert. Eine gleichzeitige Förderung aller Beteiligten findet also scheinbar nicht statt. Aus meiner Sicht sollte man jedoch bestrebt sein, auch den mittleren und starken Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit zu geben, ihre Lesekompetenz zu steigern.

Urheberrecht – und jetzt?

Somit blieb ich in meinen Gedanken erst einmal bei der Verwendung von Hörbüchern stehen.Meine erste Idee war es, dass man die Hörbücher auch sehr gut auf Tablets kopieren können müsste, und die Lernenden dann mittels Kopfhörer sehr individuell üben könnten. Mit Hilfe von Apps müsste sich sogar die Abspielgeschwindigkeit und damit die Vorlesegeschwindigkeit der Vorlage regeln lassen. Allerdings ist hier die rechtliche Seite eher schwierig. Hörbücher werden zumeist auf CDs vertrieben und das Erstellen einer digitalen Kopie (MP3) und die Verteilung auf mehrere Endgeräte stellt in der Regel eine unzulässige Vervielfältigung dar. Der Erwerb einer Klassenraumlizenz für ein Hörbuch bzw. mehrerer CDs erscheint mir unverhältnismäßig kostenintensiv.

Man könnte nun hingehen und selbst Aufnahmen der Bücher erzeugen, um diese dann an die Geräte zu verteilen. Die exakte Rechtslage bei diesem Vorgehen ist mir nicht bekannt, wohl jedoch der Aufwand, den dies mit sich bringt. Insofern erscheint mir dies auch nicht als gangbare Lösung.

Amira

Da erinnerte ich mich an eine Internetseite, die mir vor wenigen Wochen durch die Timeline gespült wurde: Amira. Dort gibt es (derzeit) 34 Kinderbücher als Ebook zur Ansicht, die sich nicht nur lesen lassen, sondern auch (parallel) anhören lassen – und das auch noch in 9 verschiedenen Sprachen. Mit Hilfe dieser Bücher lässt sich ein LWR-Training schon recht gut umsetzen, wobei eine Anpassung der Abspielgeschwindigkeit und eine Hervorhebung der Wörter natürlich optimal wäre.

OneNote

Via Twitter erinnerte mich ein netter Kollege dann daran, dass es in OneNote den plastischen Reader gibt. Dieses fantastische Tool ist eigentlich hervorragend für den Grundschulunterricht geeignet, aus meiner Sicht aber noch viel zu wenig bekannt. Mit Hilfe dieses Readers können Texte vorgelesen werden. Dabei können Stimmfarbe, Abspielgeschwindigkeit und Textdarstellung individuell angepasst werden. Wörter werden bei Bedarf sogar in Silben zerlegt, verschiedene Wortarten können durch verschiedene Farben kenntlich gemacht werden. Es ist nahezu perfekt ausgestattet für ein RWL-Training: Man tippt einen Text für die Lernenden ab, spielt ihn ab und lässt die Schüler halblaut mitlesen, wobei die Unterstützungsmaßnahmen individuell hinzugeschaltet werden können.

Zur Überprüfung des Leseverständnisses ließen sich sogar noch ein kurzes Lesequiz via Learningapps oder H5P einbinden, so dass das Setting dem von Jürgen Walter gewählten Aufbau recht nahe kommt.

Ich werde es in den kommenden Wochen einmal mit Schülern unterschiedlicher Niveaustufen ausprobieren und schauen, ob sich das Vorgehen im Unterricht bewährt. Da wir erst vor kurzem das Salzburger Lesescreening durchgeführt haben, könnte ich sogar im Sommer gegenprüfen, ob sich das Vorgehen bzgl. des Lesegeschwindigkeitszunahme bewährt hat. ;